Generationen: Erfahrungen in der Gremienarbeit

Generationen: Erfahrungen in der Gremienarbeit

Doppelinterview „Generationen“ mit Karl-Heinz Witt (FVM-Ehrenmitglied und Sprecher des FVM-Ältestenrats) und Mark Degenhardt (Vertreter der jungen Generation im Verbandspräsidium und Vorsitzender des AK Junges Ehrenamt):

Was ist aus Eurer Sicht die Voraussetzung für ein gelungenes generationsübergreifendes Arbeiten in ehrenamtlichen Gremien?

Degenhardt: Für ein gelungenes Arbeiten in ehrenamtlichen Gremien sind die Verkörperung gewisser Werte, wie gegenseitiger Respekt, die Bereitschaft sich gegenseitig ernst zu nehmen und Meinung anderer zu akzeptieren, notwendig. Das ist die Grundvoraussetzung, um sich generationsübergreifend auf Augenhöhe zu begegnen. (Witt bittet Degenhardt, ihn zu duzen. Degenhardt beschreibt, dass er bei älteren Menschen grundsätzlich erst einmal von „Sie“ ausgeht, aber im Laufe eines Gesprächs gerne zum „Du“ wechselt, wenn ihm das angeboten wird. Für Degenhardt ist das ein Ausdruck von Respekt. In diesem Fall ist es der „optimale“ Verlauf.)

Witt: Neben Offenheit und Unvoreingenommenheit sind Motivation und Freude am ehrenamtlichen Einsatz grundsätzlich entscheidend für Gremienarbeit. Dazu sollten vor allem junge Menschen für die Sache „brennen“. Als negativ kann von routinierteren Ehrenamtlichen aufgenommen werden, wenn junge Menschen keine Zurückhaltung und Respekt zeigen und den Rat von Erfahrenen missachten.

Degenhardt: Das sehe ich prinzipiell auch ganz genauso. Dafür ist es aber auf der einen Seite wichtig, dass junge Menschen Verantwortung übernehmen und eigenverantwortlich arbeiten, aber eben auch, dass junge Menschen mitgenommen werden, mitgestalten können und der Spaß an der Arbeit gefördert wird. Hierzu müssen Möglichkeiten, ggf. auch Wahlmöglichkeiten aufgezeigt werden und bestenfalls frühzeitig eigene Projekte anvertraut werden.

Findet denn zwischen dem Ältestenrat und dem AK Junges Ehrenamt ein regelmäßiger Austausch statt?

Witt: Derzeit findet zwischen den beiden Gremien kein direkter Austausch statt. Die Mitglieder des Ältestenrats sind keine aktiven Ehrenamtler bzw. Ehrenamtlerinnen mehr und haben somit keinen direkten Bezug zur Arbeit im FVM mehr. Das ist der Hauptgrund, dass es keinen direkten Kontakt zu den Vertretern der jungen Generation (VdjG) gibt. Es ist allerdings geplant, dass VdjG an einem nächsten Treffen des Ältestenrats teilnehmen, um sich so gegenseitig kennen zu lernen, Erfahrungen miteinander zu teilen und in den gemeinsamen Austausch zu kommen.

Degenhardt: Auch wenn es keinen konkreten Kontakt zum Ältestenrat gibt, hatte ich in der Vergangenheit nie Probleme mit der älteren Generation zu kommunizieren. Mir gegenüber war man immer sehr offen und respektvoll.

Im Rückblick: würdet Ihr an dem Konzept der Vertreter der jungen Generation (VdjG) etwas verändern?

Witt: Das Konzept und die Umsetzung sind als rundum positiv zu bewerten. Allerdings wurde aus meiner Sicht leider von Beginn an ein kleiner „Web-Fehler“ begangen. Man hätte von vorneherein eine „Patenregelung“ finden müssen. In jedem Gremium wäre eine Person nötig, die die Betreuung eines jungen Mitarbeiters bzw. einer jungen Mitarbeiterin übernimmt, Interessen abklopft und auslotet an welcher Stelle des Gremiums Bedarf besteht und so bei der Einarbeitung bzw. der Aufnahme der neuen Tätigkeit unterstützt. In einem nächsten Schritt können dann konkrete Aufgaben übertragen werden und die direkten Ansprechpersonen können unmittelbar helfen. So besteht nicht die Gefahr, dass junge Ehrenamtliche nur so „mitlaufen“, einfach eine Position besetzten, ohne so recht zu wissen, was überhaupt zu tun ist. Daher könnte es sinnvoll sein, zukünftig eine Ansprechperson für junge Menschen zu installieren.

Degenhardt: Das ist ein sehr guter Vorschlag. Es muss allerdings nicht immer alles in Konzeptform niedergeschrieben werden. Vielmehr sollte es als Selbstverständlichkeit angesehen werden, junge Menschen bei der Einarbeitung in ein Ehrenamt zu unterstützen. Dennoch wäre auch ohne niedergeschriebenes Konzept etwas Handfestes wie bspw. ein Leitfaden wünschenswert.

Witt: Der Verband und die Kreise profitieren von den Entwicklungen der VdjG ungemein. Beim FVM beispielsweise begann die heutige Vizepräsidentin Johanna Sandvoß als VdjG im Präsidium und der jetziger Vorsitzende des Verbands-Jugendausschusses Rudi Rheinstädtler als VdjG im VJA. Und Dominik Jolk war zunächst VdjG im Präsidium und ist jetzt Verbandssyndikus im FVM. Das Ziel muss sowohl auf Verbands- und Kreisebene, wie auch in den Vereinen sein, ein dauerhaftes und kontinuierliches Verjüngen zu verankern. Dazu trägt das Konzept der VdjG maßgeblich bei. Was in diesem Zusammenhang ebenfalls angesprochen werden sollte, ist der strukturierte Einsatz von Menschen im Freiwilligen Sozialen Jahr (FSJ). Der Kreis Düren ist hier vorbildlich unterwegs. Viele ehemalige FSJler und FSJlerinnen sind nun weiterhin im Ehrenamt aktiv. Auch hier gilt: Es muss ein Bewusstsein dafür geschaffen werden, dass junge Menschen, die neu im Amt sind, zunächst Anleitung und Unterstützung benötigen. Grundsätzlich gilt dies für alle, die eine ehrenamtliche Tätigkeit neu übernehmen. Für junge Menschen gilt es aber im Besonderen.

Wie nehmt Ihr das Ehrenamt in Zeiten der Pandemie wahr? Was hat sich verändert?

Witt: Aufgrund der Pandemie sind Präsenz-Treffen nicht möglich. Unsere Präsenzsitzungen müssen ersatzlos ausfallen.
Grundsätzlich aber bringen digitale Treffen oftmals hohe Zeitersparnisse mit sich, da bspw. die Fahrt nach Hennef wegfällt. Für die meisten Mitglieder des Ältestenrats stellen digitales Arbeiten und die Beteiligung an Durchführen von Online-Veranstaltungen aufgrund von Zugangsbarrieren allerdings ein Problem dar.

Degenhardt: Für die Arbeit der VdjG und des AK Junges Ehrenamt sind digitale Treffen sehr produktiv, da so flexible und spontane Zusammenkünfte ermöglicht werden. In Bezug auf die Gremienarbeit sorgen solche Treffen für eine Vereinfachung.  
Gerade in der Pandemie-Zeit ist es wichtig, die eigenen Werte und die Werte des Fußballs vorzuleben: Miteinander und Füreinander. Die sozial-moralische Ebene nimmt eine ganz zentrale Rolle ein.

Was wünscht Ihr Euch für die (pandemiefreie) Zukunft?

Degenhardt: Für mich ist es schön zu sehen, dass in der Pandemie-Zeit, trotz aller negativen Begleiterscheinungen, durch digitale Treffen eine neue Art von Spontanität entstanden ist. Ich würde mir wünschen, dass dies auch in einer pandemiefreien Zukunft beibehalten wird und vereinzelte Treffen somit auch weiterhin digital stattfinden oder Personen sich bei Bedarf digital dazu schalten können. Darüber hinaus sollte es unser gemeinsames Ziel sein, zentrale gesellschaftliche Werte, wie das Füreinander und Miteinander, aus der Pandemie-Zeit mitzunehmen. Beispielsweise haben einige Fußballvereine den Einkauf für ältere Menschen organisiert. Solche verbindenden Aktionen sollte es auch weiterhin geben.

Witt: Ich unterstreiche all die Dinge, die Mark angesprochen hat. Doch trotz der organisatorischen und logistischen Vorteile, die digitale Treffen mit sich bringen, fehlt der persönliche Kontakt, die persönlichen Vier-Augen-Gespräche fehlen. Freundschaften, die unter den Mitgliedern bestehen, können nicht gepflegt werden. Das ist ein großer Verlust, gerade für ältere Menschen. Bei digitalen Treffen entsteht oftmals der Eindruck, dass es nur ein Verwalten der Arbeit ist. Dabei bleibt das Zwischenmenschliche auf der Strecke. Daher ist der Wunsch nach Präsenz-Treffen bei den Mitgliedern des Ältestenrates besonders groß.

Welchen Rat gebt Ihr Vereinen und Organisationen, die sich generationsübergreifend aufstellen wollen? Wie geht man das am besten an?

Degenhardt: Wichtig ist, dass Vereine einen möglichst nachhaltigen Plan verfolgen. Hierfür benötigen Vereine eine Grundlage, auf der sie aufbauen können. Das bedeutet aber nicht automatisch, dass bestehende Strukturen direkt verworfen werden sollten. Bestehende, funktionierende Strukturen können durchaus hilfreich sein und sollten daher weiter genutzt werden, wenn sie sich in der Vergangenheit bewährt haben. Für eine gesicherte Zukunft ist es notwendig, dass junge, vereinsnahe Mitarbeitende in die Arbeit des Vorstands integrieren werden. Diese Personen haben häufig bereits eine große Identifikation mit dem Verein. Grundsätzlich ist es wichtig, dass im Verein Personen tätig sind, die einen offenen Geist mitbringen, nicht versteift im eigenen Denken sind und mit denen zielführend diskutiert werden kann.     

Witt: Darüber hinaus wäre es wünschenswert, wenn Vereine sog. „Talentscouts für das Ehrenamt“ implementieren oder Mitarbeitende mit dieser Aufgabe betrauen. So können Personen im eigenen Verein und darüber hinaus für eine ehrenamtliche Tätigkeit identifiziert und gewonnen werden.
 

Infokasten

Dauer Eurer ehrenamtlichen Tätigkeit in Jahren

Degenhardt: seit 5 Jahren (Beginn im Kreis Euskirchen), derzeit Vertreter der jungen Generation im Verbandspräsidium und Vorsitzender des AK Junges Ehrenamt
Witt: 52 Jahre, seit dem 18. Lebensjahr bis 2013 (u.a. FVM-Vizepräsident), seitdem Vorsitzender der Ehrungskommission und Sprecher des Ältestenrats

Dürfen wir Euer Alter nennen?

Degenhardt: 23 Jahre
Witt: 78 Jahre

Anzahl der VdjG in den FVM-Gremien davon männlich/weiblich

Degenhardt: 65 Personen, davon sind 15 weiblich

Anzahl der Mitglieder im Ältestenrat davon männlich/weiblich

Witt: 33 Personen, davon zwei weiblich

 

Lesen Sie ebenfall:

Geschlechtliche Vielfalt - Frauen im Ehrenamt

Ehrenamt: Wie gelingt die Einbindung neuer Mitarbeiter*innen?

 

Mehr zum Thema:

Anlässlich des Deutschen Diversity-Tags 2021 finden Sie hier weitere Informationen zum Thema Diversität in der Arbeitswelt.

Hier haben wir für Sie einige interessante und empfehlenswerte Veröffentlichen rund um das Thema Vielfalt im Sport aufgelistet. Neben Qualifizierungsangeboten finden Sie auch zahlreiche Informationsmaterialien und Handreichungen unterschiedlichster Art sowie Empfehlungen zu Dokumentationen oder hilfreichen Youtube-Kanälen.

Weiterführende Infos zum Thema Vielfalt im FVM erhalten Sie hier.

Nach oben scrollen