Talentförderkonzept

Die Sichtung und Förderung der sportlichen Talente im Verbandsgebiet ist eine Kernaufgabe des Fußball-Verbandes Mittelrhein. Der Fokus liegt dabei auf der Weiterentwicklung des technisch/taktischen Verhaltens, das die Basis der Talente verbessert, um ihr individuelles Leistungsvermögen auszuschöpfen.

Die Talentiertesten werden darüber hinaus in den Mittelrhein-Auswahlmannschaften über zahlreiche Lehrgänge, Spiele und Turniere zusätzlich gefördert. Wer hier nochmals herausragt, ist potenzieller Kandidat für den nächsten Schritt, den Eintritt in die deutsche Nationalmannschaft seines Altersbereichs.

Neben der Mittelrhein-Auswahl werden die Talente, die nicht in den Nachwuchsleistungszentren der Profiklubs spielen, an den DFB-Stützpunkten gefördert, die besten Mädchen in den Talentförderzentren des FVM.

Ziel: Möglichst viele Talente in den Vereinen finden und die besten Voraussetzungen für die Weiterentwicklung der Talente schaffen.

"Wir sehen uns als Begleiter der Spieler, wollen gemeinsam mit den Vereinen und dem DFB für optimale Strukturen sorgen", so Markus Schenk, leitender Verbandssportlehrer des Fußball-Verbandes Mittelrhein.

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    Es gibt sie noch, diese besonderen Geschichten, die den Nährboden für die Träume aller jungen Fußballspieler bereiten. Miroslav Klose etwa, der noch im Alter von 19 in der Bezirksliga kickte, ehe ihn doch noch die große Karriere ereilte, die er im November 2016 schließlich als erfolgreichster WM-Torschütze aller Zeiten beendete. In Zeiten umfangreicher Talentsichtung und -förderung sucht man solche „Außenseiter“-Geschichten zwar immer öfter vergebens, doch stellenweise gibt es sie noch immer. Das jüngste Beispiel kommt aus dem Gebiet des Fußball-Verbandes Mittelrhein und heißt Lukas Klünter. Der 21-Jährige avancierte im Endspurt der abgelaufenen Saison auf der rechten Abwehrseite des 1. FC Köln dank starker Leistungen zum Stammspieler und hatte nicht unerheblichen Anteil daran, dass der FC auf Platz fünf abschloss und in der kommenden Saison erstmals seit über 20 Jahren wieder auf der europäischen Fußballbühne vertreten sein wird. Und das, obwohl der in Euskirchen geborene und in Erftstadt aufgewachsene Klünter erst in der A-Jugend nach Köln wechselte und zuvor nie ein Nachwuchsleistungszentrum eines Profi-Vereins besucht hatte. Im ersten B-Juniorenjahr, wo andernorts unter professioneller Anleitung bereits die Weichen für eine mögliche Profi-Karriere gestellt werden, wurde Klünter mit dem SSV Weilerswist noch Meister im beschaulichen Fußballkreis Euskirchen – auf Asche.

    „Solche Geschichten gibt es immer wieder und wird es wohl auch in Zukunft noch geben, auch wenn sich die Voraussetzungen natürlich geändert haben. Die meisten der Spieler, die später den Sprung in den Profi-Fußball schaffen, werden mittlerweile in einem Nachwuchsleistungszentrum ausgebildet und entsprechend gefördert“, weiß Markus Reiter. Als Verbandssportlehrer ist der ehemalige Bundesliga-Profi am Mittelrhein dafür zuständig, dass junge Talente früh erkannt werden und auch von Verbandsseite die bestmögliche Förderung erhalten. Dabei beginnt die Sichtung und Förderung talentierter Spieler im Verband mit dem „DFB-Stützpunkt-Training“ bereits in der Altersstufe der D-Junioren.

    DFB-Stützpunkte als Basis

    Als erste Stufe des zur Saison 2002/03 vom Deutschen Fußball-Bund flächendeckend eingeführten Talentförderprogramms ermöglichen die bundesweit 366 Stützpunkte die individuelle Förderung junger Talente im besten Lernalter. Am Mittelrhein fördern insgesamt 45 Trainer an neun Stützpunkten die Nachwuchsspieler nach individuellen Bedürfnissen. Mit dem Ziel, technisch versierte und taktisch gut geschulte Spieler zu entwickeln. Viele Talente schaffen über das Stützpunkttraining den Sprung vom Heimatverein ins Nachwuchsleistungszentrum eines Bundesligisten.
    „Das ist das Ziel der Talentförderung im Verband, denn natürlich bilden wir auch für die Bundesliga aus“, erklärt Reiter. Dabei beschränkt sich die Unterstützung des Verbandes allerdings nicht auf die Durchführung der Trainingseinheiten in und der Talentsichtung für die Stützpunkte. Ab der Altersstufe U14 kommen die Auswahlmannschaften des Verbandes hinzu, in denen die besten FVM-Talente, zusätzlich zum Vereinstraining, gefördert werden. „Im Vergleich zu den Bundesliga-Vereinen können wir den Spielern hier eine langfristige Ausbildungsperspektive bieten“, erklärt Reiter die Vorteile der Talentförderung von Verbandsseite. Denn, anders als in den Talentschmieden der Profi-Vereine, erfolgt beim Verband eine vom Spielergebnis unabhängige Talentausbildung. „Sportliche Erfolge im Juniorenbereich werden für die Vereine immer wichtiger. Trainer werden oftmals nur noch mit kurzfristigen Verträgen ausgestattet und müssen Erfolge vorweisen. Das ist eine gefährliche Entwicklung, denn statt einer langfristigen Förderung steht der kurzfristige Erfolg im Mittelpunkt und die kontinuierliche Talentförderung gerät in den Hintergrund“, warnt der FVM-Verbandssportlehrer.

    Zu sehr stehen mittlerweile auch die Nachwuchsmannschaften der Bundesligisten im öffentlichen Interesse und müssen Ergebnisse vorweisen. So werden von Trainern oftmals die momentan stärksten und besten Spieler aufgestellt und nicht diejenigen, die perspektivisch am meisten versprechen. Alle Talente im Fokus behalten Weil die ältesten Spieler eines Jahrgangs oft stärker scheinen, weil sie in ihrer Entwicklung möglicherweise etwas weiter sind, als jüngere Teamkollegen des gleichen Jahrgangs, werden diese Spieler in Nachwuchsleistungszentren oftmals bevorzugt. Dieses Phänomen wird in der Wissenschaft als „Relative Age Effect“ (RAE) bezeichnet. So sind im Schnitt rund 40 Prozent der Spieler in der A-Junioren-Bundesliga im ersten Quartal des Jahres geboren. Bei den B-Jugendlichen sind es sogar 50 Prozent.

    „Wir müssen aufpassen, dass wir die anderen Kinder nicht benachteiligen, denn Größe und Kraft sind nicht die entscheidenden Eigenschaften. Es ist daher Aufgabe des Verbandes, auch die kleineren und schwächeren Spieler zu fördern“, sagt Reiter und verweist auf einen zweiten möglichen Karriereweg in die Bundesliga. Spieler wie Marco Reus oder Ilkay Gündogan haben es früh in ein Nachwuchsleistungszentrum geschafft, wurden dort aber aussortiert, weil sie körperlich noch nicht so weit waren wie ihre zum Teil älteren Mitspieler. Weil sie trotzdem weiterhin in den jeweiligen Verbandsauswahlmannschaften spielten und eine entsprechende Förderung genossen, gelang ihnen der Durchbruch dennoch. Zumal sie in den Auswahlteams regelmäßig mit den besten Spielern eines Jahrgangs zusammen trainieren und spielen konnten.

    Mittelrhein-Auswahl als Sprungbrett

    „Bei uns kommen wirklich die besten Spieler aus dem FVM zusammen, dementsprechend können wir sie im gemeinsamen Training fördern“, sagt der Trainer der U16- und U18-Auswahl, dessen Teams sich oft in großer Zahl aus Akteuren der Bundesligisten 1. FC Köln und Bayer 04 Leverkusen zusammensetzen. „Für die Vereine geht es auch ums Prestige, wenn fünf oder sechs Spieler in der Auswahl spielen“, weiß Reiter, der als ehemaliger NLZ-Leiter von RW Essen auch die Vereinsseite kennt. Für die Jugendlichen viel wichtiger sind allerdings die Vergleiche mit Top-Talenten aus anderen Verbänden, gegen die sie im Ligaalltag nicht spielen. Das regelmäßig stattfindende „DFB-Sichtungsturnier“ als Vergleich aller Verbände bietet dafür die perfekte Plattform. Im Anschluss an das jüngste U16-Landesturnier im Mai wurden etwa die FVM-Spieler Noah Katterbach, Luis Müller und Can Bozdogan vom DFB gesichtet und zu Lehrgängen der Junioren-Nationalmannschaft eingeladen. Der Verband als Sprungbrett – das gelingt, weil Training und Spiele mit der Auswahlmannschaft oft auch eine willkommene Abwechslung für die jungen Talente darstellen. „In den Nachwuchsleistungszent ren wird den Spielern früh eine Vereinsphilosophie eingeprägt und sie werden auf bestimmte Rollen festgelegt“, erklärt Reiter, der Wert darauflegt, Spieler auch mal auf anderen Positionen zu testen, um sie vielseitiger zu machen und möglicherweise ungeahnte Talente zum Vorschein zu bringen. Der FVM-Coach weiß, wovon er spricht, immerhin spielte Reiter in der Jugend selbst lange im offensiven Mittelfeld, ehe ihn sein damaliger Auswahltrainer ins Abwehrzentrum beorderte. Auf dieser Position schaffte Reiter schließlich zunächst den Schritt in die Junioren-Nationalmannschaft und später den Durchbruch in der Bundesliga.

    Individuell richtige Lösungen finden

    Ob über Umwege wie Lukas Klünter und Marco Reus oder stringent – den sicheren Weg in den Profi-Fußball gibt es nicht. Und doch scheinen Karrierewege, wie die des Kölners Salih Özcan oder der beiden Leverkusener Benjamin Henrichs und Kai Havertz, die nicht nur nahezu alle Jugendmannschaften in ihren Vereinen, sondern auch alle Auswahlteams des FVM durchlaufen haben, immer häufiger vorzukommen. „Man muss trotzdem für jeden Spieler die individuell richtige Lösung finden, das kann man nicht pauschalisieren“, mahnt Reiter. Natürlich sei die professionelle Betreuung in den Nachwuchsleistungszentren ein großer Vorteil, zumal die Spieler zeitgleich einen schulischen Abschluss machen und so abgesichert sind. Auf der anderen Seite herrscht großer Konkurrenzdruck und Spielpraxis ist, gerade für die jüngeren Akteure eines Jahrgangs, oftmals nur schwer zu bekommen.

    Entsprechend bedeutsam sind die Talentfördermaßnahmen der Verbände, die in Zukunft allerdings vor der großen Herausforderung stehen, mit den hochmodernen Leistungszentren Schritt halten zu müssen. „Wir müssen mit professionellen Talentfördermaßnahmen versuchen, den Abstand zu den Nachwuchsleistungszentren, in die immer mehr Geld investiert wird, zu verringern. Weil wir die besten Akteure aller Vereine zusammenbringen, ist unsere Trainingsqualität höher, dies müssen wir im Sinne jedes einzelnen Spielers nutzen“, weiß Reiter, der sich zudem dafür einsetzt, dass die Talentförderung nicht zu früh endet: „Mit 18 Jahren ist die Entscheidung, ob ein Spieler Profi wird, noch nicht gefallen. Daher müssen wir hier entsprechende Fördermaßnahmen anbieten“, fordert der FVM-Verbandssportlehrer, der unter anderem Vergleichsspiele im U19- und U20-Bereich anvisiert, vornehmlich für Spieler, die in diesem Altersbereich noch nicht zu den Top- Talenten zählen und ohnehin schon auf höchstem Niveau unterwegs sind. Dies werden, so ist sich Reiter sicher, in Zukunft allerdings immer mehr junge Spieler sein. „Ich habe den Eindruck, dass wir die Entwicklungszeit der Spieler verkürzen. Die Jungs kommen immer jünger in die Bundesliga, spielen dort dann aber auch nicht so lange.“

    Damit dennoch die besten und vielversprechendsten Talente den Sprung schaffen und so letztlich nicht nur für den gewünschten Erfolg der Vereine in der Bundesliga, sondern auch in der deutschen Nationalmannschaft sorgen, bleibt es die wichtige Aufgabe von Landesverbänden wie dem FVM, durch gezielte Fördermaßnahmen die besten Nachwuchsspieler zu finden, entsprechend zu fördern und so einen wichtigen Beitrag zur nachhaltig positiven Entwicklung des Fußballs in Deutschland beizutragen. Damit noch viele Generationen junger Fußballer ihren Weg vom Dorfverein ins Profi-Team machen können.
     

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