FC-Legende Scherz: Auch als Trainer ein "Spätstarter"

FC-Legende Scherz: Auch als Trainer ein "Spätstarter"

Matthias Scherz, der viele Jahre für den 1. FC Köln (291 Spiele) am Ball war, trainiert seit wenigen Tagen den SC Fliesteden in der Bezirksliga Mittelrhein. Für den 53 Jahre alten früheren Bundesligaprofi ist es der erste Trainerjob bei einem Verein. Im FUSSBALL.DE-Interview spricht Scherz über seine neue Aufgabe, die Saisonziele des Siebtligisten und seine früheren Trainer.

 

FUSSBALL.DE: Sie haben gerade Ihre Tätigkeit als Trainer des Bezirksligisten SC Fliesteden aufgenommen. Wie ist der Kontakt zum Siebtligisten zu Stande gekommen, Herr Scherz?

Matthias Scherz: Um ehrlich zu sein, hatte ich zuvor nicht viel mit dem Verein zu tun. Über einen Freund ist mir die Aufgabe angetragen worden. Ich wohne nur ein paar Fahrradminuten von der Platzanlage entfernt. Die Gespräche mit den Sportvorständen Tobias Kalscheuer und Oliver Mödder waren gut. Ich habe Bock auf die neue Aufgabe, mache keine halben Sachen.

Wie fällt Ihr erster Eindruck von der Mannschaft aus?

Scherz: Ich hatte mir vor der Winterpause bereits zwei Meisterschaftsspiele des SC Fliesteden angeschaut. Die fußballerische Qualität des Kaders hat mich bei den 3:2-Siegen beim Tabellenführer Hilal-Maroc Bergheim und zu Hause gegen Viktoria Birkesdorf durchaus überzeugt. Die Jungs ziehen im Training gut mit, die ersten Einheiten haben Spaß gemacht.

Mit welcher Zielsetzung haben Sie Ihre neue Aufgabe angetreten?

Scherz: Wir liegen in der Tabelle nur einen Punkt hinter dem Spitzenreiter Hilal-Maroc Bergheim auf Rang drei, streben möglichst den Sprung in die Landesliga an. Für den SC Fliesteden wäre der Aufstieg etwas Historisches, weil der Verein noch nie über die Bezirksliga hinausgekommen ist. Wir haben im Winter mit Mittelfeldspieler David Pütz und Angreifer David Bors noch zwei regionalligaerfahrene Spieler geholt, um die Ziele zu erreichen.

Sie selbst machen körperlich immer noch einen sehr fitten Eindruck. Wie sehr juckt es bei Ihnen noch in den Füßen?

Scherz: Wenn wir im Training Jung gegen Alt spielen, bin ich bei den Alten dabei. (lacht) Ich halte mich fit, spiele in meiner Freizeit oft Padel-Tennis - ein Sport, den auch Jürgen Klopp oder Ex-Bundestrainer Hansi Flick gerne ausüben. Man kommt dabei ganz schön ins Schwitzen. Außerdem spiele ich noch für die Traditionsmannschaften des 1. FC Köln und des FC St. Pauli. Es macht immer noch Bock, dem Ball hinterherzujagen.

Vor mehr als zehn Jahren hatten Sie die B-Lizenz als Trainer erworben, stehen nun erstmals an der Seitenlinie. Würden Sie sich selbst als "Spätstarter" bezeichnen?

Scherz: Ganz ehrlich: Mich hat das Trainerdasein vorher nie gereizt. Auch als Spieler bin ich übrigens erst mit 24 Jahren beim FC St. Pauli Profi geworden.

Und wie kam es zum Sinneswandel?

Scherz: Beim Nachbarverein Germania Geyen helfe ich ein wenig aus und trainiere dort das Team meines zehnjährigen Sohnes Jano. Dort habe ich Blut geleckt und die Leidenschaft für den Trainerjob entdeckt.

Was reizt Sie grundsätzlich am Amateurfußball?

Scherz: Ich mag das Flair von kleinen Vereinen, die meistens sehr familiär geführt werden. Ich bin selbst bei Rot-Weiß Scheeßel in Niedersachsen in einem solchen Umfeld groß geworden, habe den Verein erst im Alter von 22 Jahren verlassen.

Sie waren einst ein Bundesligastar, genießen beim 1. FC Köln Legendenstatus. An welche Spiele erinnern Sie sich besonders gerne?

Scherz: Im Jahr 2002 hatten wir mit dem 1. FC Köln bei meinem Ex-Verein FC St. Pauli gespielt. Beim 3:2-Sieg sind mir alle drei Treffer gelungen. Auch an die insgesamt vier Aufstiege mit dem 1. FC Köln erinnere ich mich gerne. Die Abstiege habe ich jedoch von der Festplatte gelöscht. (lacht)

Sie haben 209 Erst- und 147 Zweitligaspiele absolviert. Was kann die aktuelle Spielergeneration mit dem Namen Matthias Scherz noch anfangen?

Scherz: Manuel Glowacz, der mit 37 Jahren der älteste Spieler im Team ist und der beim 1. FC Köln in der Traditionsmannschaft ab und zu aushilft, kannte mich bereits. Bei den jüngeren Spielern sieht es dagegen anders aus. Damit kann ich aber gut leben.

Sie waren zuletzt auch beim Abschiedsspiel von Lukas Podolski im ausverkauften RheinEnergieStadion dabei. Mal ehrlich: Wie sehr vermissen Sie die große Fußballbühne?

Scherz: Die Geschichten aus der Vergangenheit kann man nach dem Training mal bei einem Bier erzählen. Irgendwann muss man erkennen, dass man zu alt ist, und die Schuhe an den Nagel hängen. Ich hatte das große Glück, dass ich mir als Fußballprofi meinen Kindheitstraum erfüllen konnte. Ich lebe aber im Hier und Jetzt und will mit dem SC Fliesteden erfolgreich sein.

Glauben Sie, dass Ihr Herzensklub 1. FC Köln die Rückkehr in die Bundesliga schafft?

Scherz: Die Mannschaft ist erfolgreich, was letztlich entscheidend ist. Spielerisch haut es mich noch nicht vom Hocker. Das Team hat in dieser Saison aber schon achtmal zu Null gespielt. Wenn der 1. FC Köln so weitermacht, bin ich guter Dinge, dass der Aufstieg gelingt.

Welcher Trainer in Ihrer Laufbahn hat Sie am meisten beeindruckt und wie würden Sie Ihre Arbeitsweise beschreiben?

Scherz: Ich habe sehr gerne mit Ewald Lienen zusammengearbeitet, der mit uns viele Abläufe trainiert hat. Bei Friedhelm Funkel hat mir die Art der Mannschaftsführung imponiert und bei Huub Stevens musste immer die Null stehen. Auch vom leider viel zu früh verstorbenen Christoph Daum habe ich viele Dinge mitgenommen.

Worauf kommt es Ihnen beim SC Fliesteden bis zum Ligastart im März besonders an?

Scherz: Für uns wird entscheidend sein, dass wir die Räume enger machen, insgesamt kompakter stehen und weniger Gegentore kassieren. Das wäre die Basis für den Erfolg.

 

Text- und Bildquelle: fußball.de (Peter Haidinger/MSPW)
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