Am Mittwoch verfolgten über 800 Zuschauer im Kölner Südstadion das erste Halbfinale im Bitburger-Pokal zwischen Drittligist SC Fortuna Köln und TV Herkenrath. Während die Kölner als Vorjahresfinalist in der klaren Favoritenrolle waren, hoffte der Mittelrheinligist aus Bergisch Gladbach auf die große Überraschung. Am Ende siegte Fortuna knapp mit 2:1.
Als das Spiel zu Ende war, hallten keine lauten Gesänge durch das Kölner Südstadion. Niemand fiel sich freudetrunken in die Arme. Die Sieger beließen es bei einem kurzen Abklatschen. Dann war durchpusten angesagt. Gastgeber Fortuna Köln war mit dem 2:1 (1:0) gegen den TV Herkenrath seiner Favoritenrolle gerecht geworden und hatte das Endspielticket gelöst. Glanz, Leichtigkeit oder Dominanz hatte der Drittligist in diesem Halbfinalmatch des Bitburger-Pokals gegen den Mittelrheinligisten aus Bergisch Gladbach aber kaum versprüht.
Im Gegenteil. Es war über weite Strecken ein enges Match. Mit allem, was den Bitburger-Pokal ausmacht: Spannung, Emotionen und die veritable Möglichkeit, eine Überraschung zu erleben. „Wir haben uns weitergezittert. Das muss man ganz ehrlich so sagen“, meinte Fortuna-Coach Uwe Koschinat. Sein Gesicht sprach Bände. Der 45-Jährige war alles andere als glücklich mit der Leistung seiner Elf. Und noch wütender machte es ihn, dass seine Spieler seine Warnungen in der Halbzeitpause offenbar nicht ernst genommen hatten. „Jeder im Stadion hat gemerkt, dass die Partie dabei war zu kippen. Nur meine Jungs nicht“, sagte Koschinat. Seine Elf hatte vor 824 Zuschauern die erste Hälfte noch bestimmt und war verdient nach zehn Minuten durch Christopher Theisen in Führung gegangen. Doch dem 2:0 und damit der Vorentscheidung standen anschließend fehlende Präzision, Pech und ein Mangel an Sachlichkeit im Wege. Cauly Oliveira Souza, Vorbereiter des Führungstors, verpasste knapp den zweiten Treffer, Hamdi Dahmani scheiterte bei seinem Kopfball an der Latte (23.) und weitere Möglichkeiten blieben im Ansatz stecken, weil das Team aus der Kölner Südstadt zu umständlich agierte.
Es dauerte dennoch, bis Herkenrath seine Chance witterte. Nach dem Wechsel war es aber so weit. Nun spielte das Team aus dem 3500 Einwohner zählenden Stadtteil Bergisch Gladbachs wirklich mit. „Da war kein Klassenunterschied mehr zu erkennen“, meinte TVH-Trainer Alexander Voigt mit einer Mischung aus Stolz und Frust. Ihre erste Chance vergab die Mannschaft des langjährigen Bundesliga-Profis noch, doch als Fortuna-Keeper Tim Boss beim Versuch, den Ball unter Bedrängnis wegzuschlagen, ausrutschte, fand sich in Vincent Geimer ein dankbarer Abnehmer. Der TV-Offensivspieler schoss den Ball zum 1:1 ins verwaiste Tor (61.). „Von da an war es eine Partie auf Augenhöhe. Eben ein typisches Pokalspiel, bei dem der Underdog aufdreht und sich der Favorit schwertut“, meinte Fortuna-Spieler Markus Pazurek nach dem Abpfiff, „aber wen interessiert das am Ende noch. Wir stehen im Endspiel und fahren nach Bonn.“
Der Mittelfeldakteur konnte diese Sätze so entspannt in die kalte Kölner Abendluft sprechen, weil er im entscheidenden Moment Nervenstärke bewiesen hatte. Nach einem Foul am eingewechselten Kai Bösing verwandelte der 28-Jährige den fälligen Elfmeter zum 2:1 (83.). Zu diesem Zeitpunkt spielten beide Mannschaften nur noch zu zehnt. Denn neun Minuten zuvor hatte der Unparteiische Benjamin Bläser nach einem Foul des Kölners Kristoffer Andersen und einem anschließenden heftigen Schubser Geimers beiden Akteuren Rot gezeigt. Am Ende blieb das aber eine Randnotiz.
Fortuna Köln steht also erneut im Endspiel des Bitburger-Pokals. Und das eröffnet vielversprechende Perspektiven: Am 25. Mai kann mit einem Triumph im Bonner Sportpark Nord die Vorjahresniederlage gegen Viktoria Köln vergessen gemacht werden. Fortuna kann einen Titel gewinnen, in den DFB-Pokal einziehen und eine stattliche Einnahme erzielen. Wer der Kontrahent im Finale sein wird, entscheidet sich am 2. Mai. Dann trifft der Bonner SC im Regionalliga-internen Duell auf den FC Viktoria Köln. Halbfinal-Torschütze Theisen sieht dem Ausgang dieser Partie gelassen entgegen: „Beides sind attraktive Gegner. Und egal, wer kommt, wir wollen den Pokal holen.
SC Fortuna Köln: Boss, Bender, Mimbala, Uaferro, Röcker, Pazurek, Andersen, Alibaz, Theisen, Souza (89. Rahn), Dahmani (90. Hörnig).
TV Herkenrath: Kath, Mbiyavanga (84. Mentizis), Flender, Lanwer, Geimer, Kreuer, Heinen, Wermes, Schauer (46. Grazina), Weis, Kanli (71. Hauschke).
Tore: 1:0 Theisen (10.), 1:1 Geimer (61.), 2:1 Pazurek (83./FE).
Besondere Vorkommnisse: Rote Karten: Andersen (74./Fortuna), Geimer (74./Herkenrath).
(Text: Wolfram Kämpf)