Was bringt fußballbegeisterte Menschen dazu, zur Pfeife zu greifen und Schiri zu werden? Das EINSZUEINS hörte sich beim Neulingslehrgang des Kreises Berg in Vilkerath um. Dort erwarben 25 Teilnehmende den Schiedsrichter-Schein – einige leiteten bereits ihre ersten Spiele. Darunter auch Tjorben Schmale, Bastian Siebert und Thomas Eiteneuer.
Der Start hat bei den 25 Teilnehmenden ganz offenbar Lust auf mehr gemacht. Nachdem sie im Rahmen eines kompakten Wochenendlehrgangs gemeinsam die Regelkenntnisse für die kommenden Aufgaben in der Spielleitung erworben hatten, bestimmten jedenfalls Tatendrang und gute Laune die Emotionen der Beteiligten. Sie hatten vieles gelernt über die Bewertung von Foulspielen, das Erkennen von Abseitsstellungen, persönliche Sanktionen und viele weitere spannende Themen, die im Alltag von Schiris immer wieder eine Rolle spielen.
Auch Tjorben Schmale vom SV Frielingsdorf erfuhr viel Neues über den von ihm geliebten Fußball – und dass, obwohl der 25-Jährige lange Zeit als Spieler aktiv war. Die ungewohnte Perspektive hat den Horizont erweitert und verschafft ihm neue Möglichkeiten, sich im Sport zu engagieren. „Überraschend war für mich, dass es bei einem Abstoß kein Abseits gibt”, nennt er ein Beispiel für den Wissensgewinn. „Das war eine der interessantesten Regeln, die ich vorher nicht kannte.“
Videosequenzen veranschaulichen Regeln
Lehrwart Nick Herbrig vermittelte das Wissen in Vorträgen und veranschaulichte vieles mit passenden Videoszenen. „Das galt vor allem für strittige Spielszenen, wie Abseits und Handspiel, die für alle Teilnehmenden verständlich gemacht wurden”, erklärte er. Diese Idee zündete. Die Begeisterung für die Schiedsrichterei war bei den Teilnehmenden nicht zu übersehen. Daran ändern auch Meldungen über zeitweilig schlechtes Benehmen von Spieler*innen und Verantwortlichen gegenüber Unparteiischen auf den Fußballplätzen der Republik wenig. So stellt Thomas Eiteneuer zwar im Vergleich zu früher einen deutlich raueren Umgangston auf dem Platz fest und er betont, nachvollziehen zu können, „dass auch dadurch viele Schiedsrichter die Pfeife wieder an den Nagel hängen”, dennoch habe er sich gerne zum Lehrgang angemeldet, nachdem ihn ein Bekannter, der selbst seit Jahren pfeift, davon überzeugt habe, sagt der 51-Jährige.
Tjorben Schmale versteht seine Anmeldung zum Lehrgang sogar als aktive Maßnahme gegen den Schiedsrichter*innen-Mangel: „Ich bin generell ein großer Freund von Gerechtigkeit. Die Aggressivität gegen Schiedsrichter*innen kann man nur mit Haltung wieder von den Fußballplätzen beseitigen“, macht er klar.
Verständnis für die Aufgabe ist gewachsen
Der Neulingslehrgang zeigte den Teilnehmenden aber auch, dass der Job als Schiri nicht immer so einfach ist, wie er vielleicht manchmal erscheint. Bastian Siebert, der nicht mit EURO 2024-Schiedsrichter Daniel Siebert verwandt ist, ist zudem Torwart bei der SG Agathaberg. Er hat durch den Lehrgang eine völlig neue Perspektive kennengelernt. „Schon jetzt ist mein Verhalten gegenüber den Schiedsrichter*innen deutlich verständnisvoller geworden, ich kann Entscheidungen viel besser akzeptieren und verstehen“, sagt Siebert, der aus eigenem Antrieb auf den Lehrgang gestoßen war und sich schließlich mit einem Freund angemeldet hat.
Am abschließenden Lehrgangstag wurden die drei gestandenen Männer dann durchaus etwas nervös – denn die Abschlussprüfung stand an. Es galt, einen Regeltest zu bestehen, bei dem die angehenden Schiris 30 von FVM-Verbandslehrwart Michael Beitzel gestellte Fragen beantworten mussten. Dabei zahlte sich die gute Vorbereitung aus: Alle meisterten die Herausforderung. Siebert empfand den Schwierigkeitsgrad als angemessen: Durch seine jahrelange Fußball-Erfahrung sei ihm fast alles bekannt gewesen, erklärt er. „Wenn man sich auf die Prüfung vorbereitet und gut zuhört, dann sollte das eigentlich jeder schaffen.”
Kompaktes Format kommt gut an
Lehrgangsleiter Nick Herbrig war mit seinen Schützlingen zufrieden: „Die Mischung aus den Vorträgen und eigenverantwortlichem Lernen mit dem Regelheft hat sich als gute Mischung herausgestellt. So wurden allen einige Übungsaufgaben an die Hand gegeben, mit denen sie sich bestmöglich auf die Prüfung vorbereiten konnte“, sagt er. Gut angekommen sei das Konzept, den Lehrgang kompakt an einem Wochenende durchzuführen. Schmale bestätigte diese Einschätzung. Den Neulingslehrgang könne er jedem empfehlen, der Spaß am Fußball habe, sagt er. „Denn der Lehrgang ist kurz, knapp und knackig. Man kommt sehr schnell an die Umsetzung und lernt viel von Schiedsrichter*innen mit höherklassiger Erfahrung, die alle mal klein angefangen haben.“
Anlässlich der bestandenen Prüfung erhielten alle Absolventen eine Mappe mit den nötigen Utensilien für ihr künftiges Engagement, etwa eine Pfeife oder die gelbe und rote Karte. Glücklich war auch der Vorsitzende des Fußballkreises Berg, Jürgen Liehn, der den Lehrgang am Prüfungstag besuchte. „Ich heiße alle neuen Schiris herzlich willkommen in der Schiri-Gemeinschaft des Kreises”, rief er den Absolventen zu, die teils aus anderen Kreisen stammen.
Paten begleiten die ersten Einsätze
Dem Lehrgang folgte die Praxis. Wer nach der Prüfung zu ersten Einsätzen kam, wurde dabei von erfahrenen Schiris als Paten begleitet. Letztere standen mit Rat und Tat zur Seite. „Dieses Konzept hat sich in der Vergangenheit als äußerst effektiv erwiesen und findet daher bei den neuen Referees Anwendung”, so Herbrig.
Auch Siebert betont: „Mein erstes Spiel lief super und hat unfassbar viel Spaß gemacht.“ Er könne nur jedem empfehlen, sich für den Lehrgang einzuschreiben, wenn das grundlegende Interesse da sei. Und sein Mitstreiter Eiteneuer betonte: „Ich würde den Lehrgang auf jeden Fall weiterempfehlen, ich habe mich total abgeholt gefühlt.“ Der Kreisschiedsrichterausschuss habe für eine perfekte Betreuung gesorgt. „Es war ein tolles Miteinander. Ich freue mich total auf die ersten Spiele“, so sein Fazit.
Der Weg zum Unparteiischen
Rund 2000 Unparteiische sind Woche für Woche auf den Plätzen des FVM unterwegs, um für den regelkonformen Ablauf aller Spiele zu sorgen. Für eine solide Ausbildung absolvieren Schiedsrichter*innen Neulingslehrgänge. Diese finden dezentral in den jeweiligen Kreisen des Verbandsgebietes statt. Sie umfassen je nach Kreis zwischen vier und sechs Ausbildungstagen mit rund 30 Lehreinheiten á 45 Minuten. Die Teilnehmenden müssen mindestens 13 Jahre alt sein. Die Lehrgänge werden durch den Einsatz unterschiedlicher Medien interaktiv und kurzweilig gestaltet, so gehören gemeinsame Analysen und die Auswertung von Videoszenen aus den Bundesligen zum Spektrum.
Neben der Theorie ist auch eine praktische Einheit Bestandteil der Ausbildung. Gleichermaßen setzt sich die abschließende Anwärterprüfung entsprechend der DFB-Prüfungsordnung aus einer theoretischen und einer praktischen Prüfung zusammen. Letztere besteht aus einer Laufeinheit während des Lehrgangs, alternativ der Teilnahme an der zeitnah stattfindenden Leistungsprüfung in den jeweiligen Kreisen. Zur theoretischen Prüfung zählt eine kurze mündliche sowie eine schriftliche Prüfung mit einem 30 Fragen umfassenden Regeltest. Für den Einsatz als Schiedsrichter*in ist das Bestehen der Prüfung erforderlich.
Die Spielaufträge erhalten die neuen Schiris per E-Mail von den zuständigen Ansetzer*innen. In dieser sind alle relevanten Daten enthalten, also Paarung, Termin, Uhrzeit und Spielort. Dabei wird auf die Nähe zum Wohnort und eine leistungs- und altersgerechte Einteilung geachtet. Neben den Einsätzen als Schiedsrichter*in ist mit ein wenig Erfahrung auch der Einsatz als Schiedsrichter-Assistent*in auf Verbandsebene möglich. Für ihre Einsätze erhalten die Schiedsrichter*innen abhängig von der jeweiligen Leistungsklasse eine entsprechende Spesenerstattung.
Die aktuellen Termine für Neulingslehrgänge finden Sie unter. Dort ist auch direkt eine Anmeldung über den FVM-Veranstaltungskalender möglich.
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