Micha Schmitz vom FSV Neunkirchen-Seelscheid - Zwei Herzen schlagen in einer Brust

Micha Schmitz vom FSV Neunkirchen-Seelscheid - Zwei Herzen schlagen in einer Brust

In seiner Brust schlagen zwei Herzen – die des Fußballers und die des Schiedsrichters. Dass das kein Widerspruch sein muss, beweist Micha Schmitz (31) seit 18 Monaten. Er war bis zur letzten Saison Kapitän des FSV Neunkirchen-Seelscheid (Landesliga) – und ist nun seit anderthalb Jahren auch Schiedsrichter. Der neu eingeführte “Kapitänsdialog” ist die wichtigste Änderung, an die sich Fußballer*innen und Schiedsrichter*innen zu Beginn der neuen Saison gewöhnen müssen. Der 31-Jährige aus Neunkirchen-Seelscheid kennt beide Perspektiven.

Spätestens seit dem Aufstieg in die Bezirksliga in diesem Sommer ist klar, dass Micha Schmitz seine Priorität immer mehr auf das Pfeifen verlegt. „Ich spiele noch zehn Spiele im Jahr, so habe ich das mit dem Trainer abgesprochen”, sagt Schmitz. „Die restlichen Wochenenden stehe ich als Schiedsrichter zur Verfügung.”

Wie kam der erfolgreiche Spieler darauf, selbst zu pfeifen?

„Das Alter hat eine große Rolle für diese Entscheidung gespielt. Ich werde keine vier Jahre mehr auf diesem Niveau spielen können, weil der Körper das nicht mehr mitmacht und die jüngeren Spieler immer schneller werden – oder ich langsamer. Ich wollte mal schauen ob mir ein anderes Hobby auch Spaß macht und da reinschnuppern. Das hat gut funktioniert.”

Das Kapitänsamt beim FSV Neunkirchen-Seelscheid gab er deshalb verständlicherweise auch ab – dennoch zeigten seine Trainer Michael Theuer (bis zum Sommer) und Christoph Gerlach (seit Saisonbeginn) Verständnis und akzeptierten die Entscheidung von Micha Schmitz. „Das war genauso überraschend wie cool für mich. Ich habe beiden offen gesagt, wie ich es machen möchte und hätte auch akzeptiert, wenn ich dafür in die zweite oder dritte Mannschaft hätte wechseln müssen. Aber beide Trainer haben es so akzeptiert und mir den Rücken freigehalten. Ich bin auch weiterhin bei jedem Training dabei, sonst würde das sicher auch nicht so akzeptiert.” 

Was hält Micha Schmitz vom neuen Kapitänsdialog?

Den neuen Kapitänsdialog, der zu Beginn dieser Saison eingeführt wurde, kann aber wohl kaum jemand so gut beurteilen wie er. Denn er kennt beide Perspektiven der Regelanwendung. „Grundsätzlich finde ich die neue Regelung gut, wir haben ja auch bei der EM gesehen, wie das funktionieren kann”, sagt Schmitz, „Es kommt aber natürlich immer auf die Umsetzung an, das muss sich erst einspielen. Jeder Schiri wird es etwas anders umsetzen, je nach seinem Naturell.”

Er selbst hat das Zeichen für den Kapitänsdialog bei seinen ersten Schiri-Einsätzen in der neuen Saison noch nicht gezeigt. „Das war einfach noch nicht notwendig. Ich spare mir das für die heftigen Situationen auf. Dann zeigt es sicher auch eine bessere Wirkung, als wenn man alle fünf Minuten damit kommt.”

Er sagt, er habe sicher mehr Verständnis für “freundliche Nachfragen” der Spieler*innen als andere Schiedsrichter*innen. „Es gibt viele Situationen, da sind mehrere Entscheidungen als Schiri möglich, man kann etwa Foulspiel oder Weiterspielen argumentieren. Wenn ich da gerade im Nachteil gewesen wäre, hätte ich mich als Spieler sicher auch beschwert.” Er versucht das aber positiv zu verwenden. „Ich sage den Spielern das dann auch. Mich kennen gerade im Kreis Sieg ja viele Spieler auch und ich war und bin auch nicht der leiseste Spieler auf dem Platz. Wenn ich denen dann sage: Ich hätte mich jetzt auch beschwert, nimmt das schon viel Schärfe raus.”

Auch auf hohem Niveau. So leitete Schmitz zu Beginn der Saison das umkämpfte Kreispokalspiel des Mittelrheinligisten FC Hennef 05 gegen den zwei Klassen tiefer angesiedelten TuS Mondorf, das erst im Elfmeterschießen mit einem Sieg für den Underdog endete. Dabei gab es auch einige Diskussionen der Spieler über seine Entscheidungen. „Das war aber alles nicht beleidigend, sondern in einem vernünftigen Ton. Die kamen auch nicht in Mannschaftsstärke auf mich zugestürmt. Wenn es in so sportlichem Rahmen bleibt, sehe ich keinen Grund nicht zu kommunizieren. Ein guter Schiri ist ja kein Gott in schwarz, sondern sollte seine Entscheidungen auch begründen können.” Trotzdem versucht Schmitz auch, seine „Doppelrolle” zu reflektieren. „Meine Kollegen haben mir auch schon gespiegelt, dass ich manchmal nicht streng genug auf Meckereien reagiere. Ich kann die Spieler zwar verstehen, darf aber als Schiri natürlich auch nicht alles durchgehen lassen.”

Dass er selbst noch spielt, sei auch immer mal wieder Thema auf dem Platz. „Das hat eben Vor- und Nachteile. Ich versuche es positiv zu sehen: Man ist dadurch halt schnell auf einer Wellenlänge.” Die Kapitäne an sich sieht Schmitz durch die neue Regelung auch in einer Bringschuld: „Sie können mich als Schiri gerne nach einer Begründung fragen, gerade auch in umstrittenen Situationen. Sie müssen aber im Gegenzug auch mir helfen und dafür sorgen, dass ihre Mitspieler dann wegbleiben. Sonst gibt es eben jetzt rigoros die gelbe Karte.” Das findet er auch deshalb sinnvoll, weil er selbst als Spieler schon erlebt hat, wie eine frühere Mannschaft von ihm quasi trainierte, den Schiri zu bedrängen. „Das war in meiner Zeit als Jugendspieler. Ich nenne keine Namen – aber der Trainer hat uns schon klar dafür ,sensibilisiert’, dem Schiri gemeinschaftlich zu sagen, was wir von manchen Entscheidungen so halten.”

Heute sieht er das kritisch. „Wenn andauernd sieben oder acht Spieler auf den Schiri zustürmen, ist das nicht nur nervig für diesen, sondern kostet auch viel Spielzeit. Wenn man das alles nachspielen lassen möchte, hat man ja 10 oder 15 Minuten Nachspielzeit. Das findet ja auch jeder blöd…”  Deshalb plädiert der „spielende Schiri” dafür, der neuen Regelung eine Chance zu geben. „Wenn sie von allen gemeinsam gestaltet wird, kann das den Fußball besser machen.” 

 

 

Mehr zum Thema:

Hier erfahren Sie mehr zur Schiedsrichterei im FVM.

Wie auch Sie Schiedsrichter*in werden können erfahren Sie hier.

Nach oben scrollen