Sandra Fritz und Dirk Brennecke bilden in der Geschäftsführung des FVM eine Doppelspitze. Sie blicken auf ein Jahr mit vielen spannenden Ereignissen und Herausforderungen voraus. Zuversichtlich stimmt sie dabei das Wissen um die vielen motivierten ehrenamtlichen und hauptamtlichen Mitarbeitenden an ihrer Seite.
Frau Fritz, Herr Brennecke, ein spannendes Jahr hat bereits begonnen. Kreistage, Verbandsjugendtag und Verbandstag stehen an. Welche Weichenstellungen und Impulse erwarten Sie?
Brennecke: Das Entscheidende besteht darin, dass wir ein 2018 angestoßenes Verbandsentwicklungsprojekt abschließen werden. Dazu gehören viele Elemente: die 2024 eingeführte neue Struktur der Geschäftsstelle, eine neue Struktur des Präsidiums und die Verabschiedung eines Leitbilds, das Klarheit darüber schafft, wofür wir stehen und was wir tun wollen. Um diesen Ambitionen gerecht zu werden, haben wir viele ordnende Maßnahmen vorgenommen, Dinge angepasst und weiterentwickelt. Kurz gesagt, wir haben uns modern aufgestellt. Letztlich geht es insbesondere darum, mehr Menschen einzubinden und dem Ehrenamt Freiräume zu verschaffen. Denn ehrenamtliches Engagement soll Freude bereiten. Grundvoraussetzung dafür sind zwei Faktoren: man muss seine Aufgaben bewältigen können und Zeit für sie haben.
Fritz: Der Ansatzpunkt besteht darin, Menschen zu unterstützen und zu befähigen. Wir müssen ihnen das notwendige Handwerkszeug geben, mit dem sie arbeiten können. Dazu soll unter anderem auch die in modifizierter Form wieder ins Leben gerufene Schulungsmaßnahme „Neu im Amt“ beitragen.
Wie kann das Zusammenspiel mit den Kreisen und Vereinen sonst noch optimiert werden?
Brennecke: Wir haben die Situation, dass die Anforderungen an die ehrenamtlich Tätigen steigen. Dem müssen wir gerecht werden. Die Verantwortlichen in den Kreisen und im Verband genießen bei den Vereinen großes Vertrauen und nehmen eine Leuchtturmfunktion ein. Wir müssen sie befähigen, dieser Stellung gerecht werden zu können – und das neben dem Beruf. Dazu gehört es, Aufgaben auf mehr Schultern zu verteilen und Themen zu bündeln. Wir müssen uns in gewisser Hinsicht unternehmerischer aufstellen, damit das Engagement für den Fußball nicht Belastung ist, sondern Spaß macht.
Der FVM arbeitet nun seit rund einem Jahr in einer neuen Organisationsstruktur. Hilft diese, den Herausforderungen besser gerecht zu werden?
Brennecke: Davon bin ich überzeugt. Hinter uns liegt ein unglaublich großer Transformationsprozess in der Geschäftsstelle. Wir haben uns bildlich gesprochen auf den Stuhl des Vereins gesetzt und uns gefragt, welche Dienstleistung der Verein von uns braucht. Vergleichbares machen wir jetzt in der ehrenamtlichen Struktur.
Fritz: Genau. Schließlich geht es darum, die gesamte Vielfalt aus Ehrenamtamtlichen und Hauptamtlichen abzubilden. Dafür wurden und werden Strukturen angepasst. Es geht aber auch um Prozesse und die Kultur des Miteinanders. Alle Facetten sind wichtig, um langfristig den FVM voranzubringen. Wir müssen die Menschen in den Mittelpunkt rücken und ihre Potenziale entfalten. Hier haben wir uns auf einen guten Weg gemacht. Klar ist aber, dass dieser Prozess nicht aufhört, er wird uns immer begleiten und unsere Arbeit prägen.
Mit den Kreis- und Verbandstagen wird auch ein personeller Wandel einhergehen.
Fritz: Das stimmt. Sicherlich geht auch ein Stück weit Erfahrung verloren. Aber neue Menschen bieten Chancen, denn sie eröffnen neue Blickwinkel. Mir ist ein Aspekt besonders wichtig: Ich wünsche mir einen kritischen Austausch und intensive Diskussionen – mit einer konstruktiven Haltung. Nur so kommen wir weiter und nur so wird es uns gelingen, den Verband in eine positive Zukunft zu steuern. Wir müssen bereit sein, fortschrittlich zu denken, um ein verlässlicher und zukunftsorientierter Dienstleister für die Vereine zu sein. Das muss gelebt werden. Wir wollen nicht Verwalter, sondern Gestalter sein. Dafür brauchen wir Freiräume.
Brennecke: Die Weiterentwicklung wird auf jeden Fall spannend. Ich sehe uns gut aufgestellt. In der Geschäftsstelle haben wir ein junges, ambitioniertes Team. Wir können und wollen Vorreiter sein. Es ist aber auch klar, dass Menschen Fehler machen und dass Talente Zeit und Begleitung brauchen. Das ist ja auf dem Fußballplatz nicht anders. Zwischendurch sollten wir vielleicht auch mal innehalten und uns vergegenwärtigen, was alles gut läuft.
Im Frühjahr stehen mit dem DFB-Pokalfinale der Frauen in Köln am 1. Mai, dem Bitburger-Pokal-Finale am 24. Mai und den Cup-Endspielen der Frauen und Jugend am 29. Mai drei herausragende sportliche Highlights bevor. Greift man bei der Organisation auf bewährte Prozesse zurück?
Brennecke: In gewisser Weise ja, aber auch dort stehen wichtige Weichenstellungen an. Das Bitburger-Pokalfinale steigt noch zweimal im Kölner Sportpark Höhenberg, für die Zeit danach gilt es, die Spielstätte in einem neuen Fünf-Jahres-Vertrag festzuzurren. Auch der Vertrag für das DFB-Pokalfinale der Frauen in Köln läuft aus.
Fritz: Klar ist, dass wir mit dem DFB-Pokal-Endspiel der Frauen weiterhin die Hauptstadt des weiblichen Fußballssein wollen, weshalb wir uns dafür einsetzen, dass der Vertrag in Köln über das Jahr 2025 hinaus verlängert wird. In diesem Kontext rückt auch die Frauen-Europameisterschaft 2029 in den Blick. Als Partner der Stadt Köln wollen wir EM-Spielort werden und hierfür müssen wir bereits in diesem Jahr Konzepte vorlegen. Ohnehin wollen wir im Rahmen des DFB-Assist-Programms im Sommer 2025 Maßnahmen veröffentlichen, die den Frauen- und Mädchenfußball voranbringen.
Brennecke: In diesem Bereich steckt noch immer großes Wachstumspotenzial. Studien besagen, dass es für die Gewinnung von Mädchen mit dem Grundschulalter ein eindeutiges Zeitfenster gibt.
Fritz: Deshalb werden wir auch den Schulfußball ganz besonders in den Blick nehmen. Zumal mit dem gesetzlichen Anspruch auf Ganztagsbetreuung ab dem Schuljahr 2026/27 Konzepte gefragt sind. Unsere Vision besteht darin, im Offenen Ganztag wöchentlich mindestens eine Stunde Fußball unter Anleitung qualifizierter Trainer*innen anzubieten. Es gilt, Angebote zu schaffen, um mehr Kinder für Bewegung zu begeistern. Wir wollen daher das Projekt „DFB macht Schule“, das wir 2024 gemeinsam mit dem DFB und der Stadt Köln pilotiert haben, in die Fläche bringen.
Sind dafür die Voraussetzungen gegeben?
Brennecke: Wir sprechen von einer Vision und einer großen Chance, etwas zu erreichen. Aber dabei müssen wir auch die Kommunen in die Pflicht nehmen. Vielerorts ist die Infrastruktur in schlechtem Zustand. Es fehlen etwa Umkleiden, wo sich die Mädchen im geschützten Bereich umziehen können. Sparmaßnahmen, wie zuletzt in Köln vorgeschlagen, sind meines Erachtens gefährlich. Wenn wir es nicht schaffen, Kinder für Bewegung und Sport zu begeistern, werden wir die Konsequenzen in der Zukunft tragen. Zum Beispiel durch eine zusätzliche Belastung des Gesundheitssystems. Das ist unverantwortlich. Im Hinblick auf die Kommunalwahl im September müssen wir die Politiker zur Rede stellen und unsere Forderungen artikulieren. Der Sport entwickelt Menschen! Zudem sollte man sich vor Augen führen, dass vernünftige Sportanlagen auch die Leistung der vielen Ehrenamtler*innen in den Vereinen in gewisser Weise honoriert. In dieser Hinsicht brauchen wir einen Turnaround und Politiker, die den Worten Handlungen folgen lassen.
Im Bitburger-Pokal wirft eine neue Ära ihre Schatten voraus. An der Auftaktrunde am 23. August werden 64 statt der bislang 32 Mannschaften teilnehmen. Was macht den Reiz dieser Veränderung aus?
Fritz: Das Wichtigste ist es, dass künftig mehr Teams an diesem attraktiven Wettbewerb partizipieren. Es steigen künftig die Chancen für kleinere Mannschaften aus den Kreisligen am Bitburger-Pokal auf Verbandsebene teilnehmen zu können. Hinzu kommt die Förderung des Fairplay-Gedankens, denn offene Plätze werden zukünftig an die am besten platzierten, teilnahmeberechtigten Mannschaften der Wertung im Fair-Play-Pokal der Vorsaison vergeben. Diese Reform ist außerdem ein wunderbares Beispiel für die Einbindung der Basis, denn sie fußt auf den Ergebnissen einer verbandsweiten Umfrage.
Brennecke: Die Neuerung schützt zudem die Spieler, weil der Kreispokal nicht mehr in der Sommerpause stattfindet. Trainer*innen verschafft dies Freiheiten bei der Gestaltung der Saisonvorbereitung.
Der 2022 verstorbene DFB-Ehrenpräsident Egidius Braun, der den FVM beinahe zwei Jahrzehnte als Präsident führte und sich große Verdienste im sozialen Bereich erwarb, wäre in diesem Jahr 100 Jahre alt geworden. Inwieweit wird Sie sein Wirken in diesem Jahr begleiten?
Brennecke: Das Denken von Egidius Braun ist nach wie vor die DNA des Verbandes. Sein Leitmotiv war, dass Fußball mehr als 1:0 ist. Aber man sollte Egidius Braun nicht auf soziale Themen reduzieren. Das macht ja auch sein Satz deutlich: Zunächst steht der sportliche Wert im Vordergrund. Das ist die Basis. Dann erst geht es darum, weitere Dinge zu erkennen und zu schauen, welche soziale Leistung wir erbringen können. So verstehe und so beherzige ich sein Vermächtnis.
Fritz: Es gibt noch ein weiteres Zitat von Egidius Braun, in dem ich mich und unser Wirken wiederfinde: „Als Kind wollte ich immer Lokomotivführer werden, jetzt bin ich Weichensteller geworden.“ Seine Worte nehmen wir daher gerne als Botschaft nach innen und außen mit.