Der Fußball-Verband Mittelrhein (FVM) arbeitet seit Jahresbeginn in der Geschäftsstelle in einer neuen hauptamtlichen Organisationsstruktur. Ziel ist es, das Wirken für Vereine und den Fußball optimal zu gestalten. Sandra Fritz und Dirk Brennecke bilden eine Doppelspitze in der Geschäftsführung. Dieser folgt die Ebene der drei Abteilungen für Organisation & Zentrale Aufgaben, Sport sowie Beratung & Entwicklung. Letztere ist die Schnittstelle zu Vereinen und Gesellschaft, ihr gilt das Augenmerk in dieser Ausgabe.
Im Fokus der Abteilung Beratung & Entwicklung, die Oliver Zeppenfeld leitet, steht all das, was auf die Vereine und deren Mitglieder wirkt. Das können Weichenstellungen in der Politik oder seitens des DFB sein, aber auch gesellschaftliche Trends und Herausforderungen. Im Kern geht es darum, die Klubs zukunftssicher aufzustellen und die Begeisterung der Spieler*innen und Ehrenamtler*innen für den Fußball zu schüren, indem man sie berät und unterstützt. Die Aufgaben teilen sich die vier Teams Basisberatung (Daryousch Argomand), Qualifizierung (Oliver Zeppenfeld), Gesellschaftliche Verantwortung und Jugend (beide Laurin Lux).
Ein entscheidender Baustein, um Vereine und den Fußball weiterzuentwickeln, ist die Qualifizierung. Dabei setzt man auf eine kompetenz- und zielgruppenorientierte Ausbildung im Blended-Learning-Format, also einer Mischung aus Präsenz- und Onlinephasen. Lehrgangsteilnehmer*innen sollen Know-how gewinnen, das unmittelbar Anwendung finden kann.
Schutz Heranwachsender und Inklusion im Blick
Den Blick für Herausforderungen in Inklusion, Integration, für Nachhaltigkeit und den Schutz Heranwachsender hat Laurin Lux. Mit zusätzlichen personellen Ressourcen bei der FVM-Anlaufstelle wird dem Thema der sexualisierten Gewalt besonders Rechnung getragen. In Kombination mit einer Anlaufstelle beim WDFV zu Fragen der sonstigen interpersonellen Gewalt gibt es umfassende Hilfe für Ratsuchende. „Wichtige Impulse für den Kinderschutz hat auch das Pilotprojekt unter dem Titel Bündnis zur Stärkung von Kinder- und Jugendschutz mit dem Polizeipräsidium Bonn gegeben“, so Lux. Die Initiative soll Vereinen durch polizeiliche Rückmeldungen Hilfestellung bei der Eignungseinschätzung neuer Jugendtrainer*innen und -betreuer*innen geben.
Viel bewegt haben zudem die Inklusionstage auf dem Kölner Roncalliplatz. Bei den Bemühungen um Teilhabe von Menschen mit Handicap ist auch der Posten des Inklusionsbeauftragten (Gökhan Erdek) in Lux‘ Team angesiedelt. Zu ihrem Aufgabenspektrum gehört außerdem die Jugend – ausgenommen ist der Bereich Spielbetrieb. Ferienfreizeiten-, Jugendbildung & Fortbildungen für Lehrer*innen zählen dazu. Aber auch die Begleitung der 66 FSJler im Bereich des FVM. „Ein wichtiger Punkt ist die Vorbereitung von Vereinen auf deren Einbindung in die Ganztagsbetreuung – nicht zuletzt im Hinblick auf den von 2026 an geltenden Rechtsanspruch auf eine OGS-Betreuung“, erklärt Lux.
Gewinnbringend für alle Beteiligten
Weil Klubs vielerorts ihre Angebote um Breitensport, Walking Football und Beachsoccer ergänzen, steigt der Beratungsbedarf. Dem begegnet man mit Posten für die strategische Vereinsberatung (Claus Adelmann) und Clubberatern (Thomas Hütte, Marcus Neunzig und Daryousch Argomand). „Immer wieder geht es den Vereinen auch um die Gestaltung ihrer Infrastruktur. Wir unterstützen in der Kommunikation mit Ämtern, weisen auf Förderprogramme hin, erklären aber auch, was man tun kann, um begrenzten Platz effizient zu nutzen“, erklärt Argomand, „die neuen Kinderspielformen bringen beispielweises mehr Spieler*innen auf geringer Fläche an den Ball.“ Ein anderer Aspekt besteht in der Weitergabe von Ideen zur Gewinnung von Ehrenamtler*innen. Inspirierend, sagt Argomand, sei der direkte Austausch mit den Vereinen für beide Seiten. „Wir sind eine wichtige Schnittstelle, erhalten Feedback und können so unsere Angebote als Verband weiterentwickeln.“
„Wir wollen Menschen auf das vorbereiten, was ihnen im Vereinsalltag begegnet“
Oliver Zeppenfeld (52) leitet die Abteilung Beratung & Entwicklung im FVM. Im Gespräch erläutert er die wesentlichen Ambitionen und Herausforderungen seiner Tätigkeit.
Herr Zeppenfeld, in der von Ihnen geführten Abteilung Beratung & Entwicklung dreht sich alles um die Faktoren, die auf die Fußballvereine und Mitglieder wirken. Zeichnet sich schon ab, welche Wirkung die UEFA EURO 2024 am Mittelrhein haben wird?
Oliver Zeppenfeld: Für eine Analyse ist es noch zu früh. Wir hoffen, dass sich die EURO-Begeisterung in steigenden Anmeldezahlen in den Vereinen spiegeln wird, insbesondere im Nachwuchsbereich. Mittelfristig versprechen wir uns eine stärkere Inanspruchnahme der Qualifizierungsangebote. In dieser Hinsicht gibt es aber noch weitere Einflussfaktoren.
Welche sind dies?
In den zurückliegenden zwei, drei Jahren wurde die Qualifizierung im Fußball grundlegend reformiert. In den Fokus rückt die kompetenzorientierte Ausbildung im Blended-Learning-Format, also eine Mischung aus Präsenz- und Onlinephasen. Kurz gesagt, der Trainer soll in seiner Alltagsarbeit spürbar besser werden. Bei den vormals gewohnten Kompaktlehrgängen bestand angesichts des umfangreichen, in mehreren Tagen vermittelten Lehrstoffs die Gefahr, dass längst nicht alles so präsent blieb, um das neue Wissen auch zur Anwendung zu bringen. Neben der Effizienz der Ausbildung darf diese auch zum Erlebnis werden. Dann schaffen wir beste Voraussetzungen für eine lebenslange Lernbereitschaft.
Ein Stichwort ist auch die Zielgruppenorientierung. Was steckt dahinter?
Grundsätzlich wollen wir Teilnehmende von Qualifizierungsmaßnahmen genau auf das vorbereiten, was ihnen im Alltag im Verein tatsächlich begegnet. Wir stellen also der Planung die Frage voran, an wen sich eine Fortbildung konkret richtet. Das schafft eine homogenere Teilnehmerschaft und garantiert, dass das vermittelte Wissen auch wirklich gebraucht und angewandt wird. Negativ wäre beispielsweise, wenn ein Seniorencoach einen Lehrgang für Kindertrainer*innen besucht, um seine Lizenz zu verlängern. Ein weiterer Ansatz besteht darin, vermehrt niederschwellige Angebote zu initiieren. Analog zur Einstiegsschulung zum DFB-Basis-Coach für Trainer*innen wird es ab 2025 die Möglichkeit geben, den DFB-Basis-Vereinsmanager als Einstieg für sonstige Vereinsmitarbeitende zu absolvieren. Darauf aufbauend gibt es dann weitere Module. Auf diese Weise wollen wir mehr Menschen mit unseren Maßnahmen erreichen. Niedrigschwellig sind auch Online-Schulungen, die wir sukzessive ausbauen wollen.
Ihre Abteilung ist auch für den Freizeit- & Breitensport zuständig. Müssen sich die Klubs neu aufstellen und Trends aufgreifen oder ist es besser, dem Kerngeschäft treu zu bleiben?
Neue Angebote aufzunehmen, muss ja nicht bedeuten, dass man das Kerngeschäft vernachlässigt. Ich halte es für sinnvoll, offen für Neues zu sein, damit man auch andere Zielgruppen anspricht. Das kann ein Impuls für einen Verein sein. Ich glaube etwa, dass sich Walking Football wachsender Beliebtheit erfreuen wird, weil dies ein Sport für Jung und Alt, Menschen mit und ohne Handicap ist. Er vereint Gesundheitsvorsorge und Spaß am Spiel. Auch Headis als Mischung aus Tischtennis und Fußball oder Teqball, eine Art Fuß-Volleyball am Tisch, können für Vereine interessant sein. Es braucht nur eine Platte, um Vereinsmitglieder – vielleicht vor dem normalen Training – auf die Anlagen zu locken. Sie haben Spaß, bewegen sich und verbessern nebenbei ihre Fußball-Technik.
Welche Aufgabe kommt dabei auf den FVM zu?
Wir sollten die Initiative ergreifen, Informationen über diese Varianten des Spiels und die nötigen Materialien verbreiten und erste Projekte auf die Beine stellen. Das hat bei den Aktionstagen zum Walking Football super geklappt. Wenn Interesse vorhanden ist, wäre es der nächste Schritt, über die Einführung regelmäßiger oder turnusmäßiger Spielformen nachzudenken. Jede Form von Begeisterung für Bewegung ist gut für unsere Gesellschaft. Gerade der Aspekt der Gesundheitsvorsorge wird künftig auch für uns eine größere Rolle spielen.
Die gesellschaftliche Verantwortung des Sports wird immer wieder thematisiert. Welche Rolle sollte der FVM einnehmen?
Wir können vorbildliches Verhalten anderer Menschen mit Beifall und Unterstützung goutieren. Und wir sollten selbst ein bestmögliches Verhalten an den Tag legen. Denn wir sind in unseren Funktionen Vorbilder. Außerdem versuchen wir, mit Schulungen und Aktionen zu sensibilisieren und die Vereine zu unterstützen. Das Thema Kinderschutz ist ein gutes Beispiel, da haben wir schon einiges bewegt. Weitere Themenfelder sind die Integration, Inklusion, Nachhaltigkeit und nicht zu vergessen unser vielfältiger Beitrag zur Persönlichkeitsentwicklung von Minderjährigen. Ich denke da an unsere Freizeitangebote, die Betreuung von FSJlern oder die vielen Möglichkeiten für Heranwachsende, Verantwortung im FVM wahrzunehmen. Wir dürfen aber bei alldem nicht vergessen, dass unsere eigentliche Kernaufgabe der Fußball ist.
Wenn auch Vereine eine tragende Rolle einnehmen sollen, braucht es motivierte Ehrenamtler*innen. Ist die Suche nach diesen Funktionsträger*innen schwieriger geworden?
Tatsache ist, dass ein grundsätzliches Interesse am Ehrenamt nach wie vor vorhanden ist. Die beruflichen und familiären Rahmenbedingungen haben sich jedoch verändert. Wir wollen den Vereinen Möglichkeiten aufzeigen, wie es dennoch geht. Man kann etwa Leute für Aufgaben ansprechen, die sich mit der sportlichen Praxis weniger gut auskennen, aber Expertise in anderen Bereichen besitzen oder Menschen für überschaubare Projekte einspannen. Wichtig ist es, den Ehrenamtlichen Flexibilität einzuräumen. Es gilt, passende Angebote zu machen. Das zielt auch auf die Kultur der Ehrung und Wertschätzung. Auch hier sind die Bedürfnisse individuell sehr unterschiedlich. Unser kostenloses Angebot der DFB-Club-Berater steht den Vereinen für Fragen dieser Art gerne zur Seite.
Hier finden Sie alle Ansprechpersonen im FVM.