Neues aus dem Handicap-Fußball

In der neuen „FVM-Liga inklusiv“ spielen Akteure mit und ohne Handicap Seite an Seite, weil sie die Begeisterung für den Fußball teilen. Die ersten Meister heißen SC Brück und Tabalingo I.

Neues aus dem Handicap-Fußball

FVM-Liga inklusiv: Vereint in einer Leidenschaft

Hinter Jakob Wegener und seinen Mitstreitern liegt eine Premiere, die zweifellos Lust auf mehr macht. Zum ersten Mal initiierte der FVM in der Saison 2018/19 eine inklusive Liga. Also Meisterschaftsrunden für Mannschaften, deren Spieler mit und ohne Handicap durch das Leben gehen, die aber allesamt eine Leidenschaft eint: die Liebe zum Passen, Dribbeln, Flanken, Schießen – kurz, zum Fußball. „Diese Begeisterung steht über allem“, sagt Wegener, der die Saison als Staffelleiter begleitete.

Das Feld der Mannschaften teilte sich dabei in eine Konkurrenz für Teams mit unter 17-jährigen und eine für Formationen mit älteren Akteuren. Weil es bereits vor der Premieren-Spielzeit in loser Folge Treffen und Spiele von Inklusionsmannschaften gegeben hatte, behielt man die Turnierform bei. „Abgesehen von der Winterpause haben sich alle Mannschaften der Staffel etwa einmal im Monat bei wechselnden Gastgebern getroffen“, erläutert Wegener. Gespielt wurde auf Kleinspielfeldern im Modus Sieben-gegen-Sieben. Da jedes Team es bei jedem Turnier mit allen übrigen Vereinen aufnehmen musste, gab es immer wieder neue Chancen, Erfolgserlebnisse zu feiern. Die Resultate aller Spiele fanden schließlich Eingang in ein Gesamtklassement.

Im Frühsommer standen damit die ersten Meister fest: Der SC Brück setzte sich im Feld der elf Ü17-Mannschaften durch, den Titel in der mit sechs Teams besetzten U17-Konkurrenz sicherte sich Tabalingo I. Letzterem Verein kommt eine besondere Bedeutung zu. Die Stolberger, die integrative und inklusive Angebote in Kultur und Sport auf die Beine stellen, schickten in beiden Meisterschaftsrunden jeweils drei Teams ins Rennen. „Die Verantwortlichen von Tabalingo haben einiges vorangebracht und sich dafür eingesetzt, den Begegnungen der Inklusionsteams einen strukturierten Charakter zu verschaffen“, sagt Wegener.

Dabei sieht der 23-jährige Lehramtsstudent für Sonderpädagogik, Sport und Mathe das Ende der Fahnenstange noch längst nicht erreicht. „Der Spielbetrieb mit inklusiven Mannschaften verspricht großes Potenzial“, so Wegener, der vor einigen Jahren als FSJler beim FVM tätig war. Insgesamt seien rund 200 Spieler in der Premierensaison dabei gewesen. Doch vieles deute auf Wachstum hin. „Die Liga wurde super angenommen und wir haben viele positive Rückmeldungen erhalten“, sagt er. Aus den fünf U17- und sieben Ü17-Turnieren könnten künftig mehr werden und auch die Anzahl teilnehmender Mannschaften werde wohl wachsen.

„Das Interesse ist groß“, sagt auch FVM-Jugendbildungsreferent Oliver Zeppenfeld. Dabei gelte es zu berücksichtigen, dass die Inklusionsteams keine Sonderbehandlung wollten, sondern eine Liga und damit einen Wettbewerb, der dem gewohnten Regelspielbetrieb sehr nahekomme. (Text: Wolfram Kämpf)

Hintergrund

  • Die FVM-Liga inklusiv umfasst eine Meisterschaftsrunde für U17- und eine für Ü17-Teams.
  • Die Mannschaften werden von FVM-angehörigen Vereinen gemeldet.
  • Treffen: ca. einmal im Monat zum Turnier bei wechselnden Gastgebern  
  • Modus: Jeder-gegen-Jeden auf Kleinspielfeldern
  • Alle Partien werden von lizensierten Schiedsrichtern begleitet
  • Resultate werden im DFBnet hinterlegt.
  • Teamstärke: In der Regel in 7er-Mannschaften. Reichen Feldgröße und Spieleranzahl nicht aus, können alternative Regelungen festgelegt werden.
  • Die Resultate der Turniere gehen in ein Gesamtklassement ein, das den Meister ergibt.
  • Bei allen Partien müssen mind. drei Spieler mit Förderbedarf pro Team zeitgleich auf dem Platz stehen.
  • Förderbedarf liegt vor, wenn ein Spieler einen Behindertenausweis besitzt, integrativ/inklusiv beschult wird, eine Förderschule besucht, als geförderte Person in einer Behindertenwerkstatt arbeitet oder über eine Pflegestufe verfügt.

Interesse? Ansprechpartner ist Jakob Wegener (jakob.wegener(at)fvm.de)
Am 21. August, 18.30 Uhr, findet zudem in den Abel-Bauten am Rhein-Energie-Stadion die Staffeltagung für die kommende Saison statt.

Fußball-Leistungszentrum (FLZ): Zentrum für Sport und Bildung

Das FLZ der Gold-Kraemer-Stiftung (GKS) in Frechen-Buschbell öffnet sich für eine weitere Sportart: Judo. Ab September werden bis zu sechs Judoka zu den Fußballern stoßen. Junge Sport- und Bildungsinteressierte weiterer Sportarten sind in der geänderten Konzeption angedacht; eine Konzeption, die von den Partnern Landschaftsverband Rheinland, Bundesagentur für Arbeit und den Gemeinnützigen Werkstätten Köln vollumfänglich unterstützt wird. Das Projekt wird ferner gefördert von Adidas, dem Deutschen Behindertensportverband, dem Behinderten- und Rehabilitationssportverband NordrheinWestfalen, dem Fußball-Verband Mittelrhein, und der Stiftung des 1. FC Köln. „Bewegung und Sport fördern Lebensqualität und Teilhabe“, erklärt der Vorstandsvorsitzende Johannes Ruland. „Hierzu vereinen wir umfassend behindertengerechten Sportstättenbau, inklusive Sportangebote, Weiterbildung, Forschung, Information und Beratung für Inklusion im und durch Sport.“ (Hans-Willy Zolper)

Amputierten-Fußball: Überraschungsgast beim Bonner SC

Eine Amputierten-Trainingseinheit mit Nationalspieler Christian Heintz erlebten die U11-Junioren des Bonner SC. Erste Berührungsängste waren schnell verflogen. Dann überwog wie immer der sportliche Ehrgeiz und die Neugier, mal etwas Neues auszutesten. Auch die Trainingsaktion in Bonn war interaktiv und animierte zum Mitmachen: „Mal kickten die Jungs mit, mal ohne Krücken und konnten so die Herausforderung unserer Sportart nachfühlen“, erklärte Heintz. Eine wertvolle Erfahrung, die mit dem bundesweit einzigartigen Modellprojekt „Amputierten-Fußball im Verein – Mittendrin statt nur am Rand“ die Entwicklung des deutschen Amputierten-Fußballs vorantreiben soll. Vorrangige Ziele sind die Inklusion in den Trainingsbetrieb der Heimatvereine und die Steigerung des Bekanntheitsgrades der Sportart.  

Tandem-Ausbildung: Gemeinsam Verantwortung übernehmen

Als der Ball endlich rollt, sind alle gleich. Es wird nicht mehr differenziert. Es wird nicht mehr unterschieden zwischen Mädchen und Jungs, zwischen behinderten und nicht-behinderten Fußballerinnen und Fußballern. Stattdessen wird gepasst, gedribbelt, geschossen. Vor allem aber wird viel gelacht bei der einwöchigen Tandem-Ausbildung in der Sportschule Hennef, die von der DFB-Stiftung Sepp Herberger und der DFL Stiftung unterstützt wird. Das Qualifizierungsangebot verfolgt das Ziel, Jugendliche und junge Erwachsene mit und ohne Behinderung gemeinsam so auszubilden, dass sie im Handicap-Fußball als Trainer Verantwortung übernehmen können. Im Lehrgang lernten die Teilnehmer in 13 Tandems die Grundlagen für die gemeinsame Planung und Gestaltung von Übungseinheiten im Handicap-Fußball kennen. Gemeinsam wurden sie so behutsam an die Verantwortung als Trainer herangeführt. Eins der Tandems bildeten Dennis Kirchdörfer (22) und André Wesselmann (28), der eine geistige Beeinträchtigung hat. Kirchdörfer betreut die Inklusionsmannschaft der SpVg Wahn-Grengel. Wesselmann ist Spieler des Teams, soll aber nun verstärkt im Trainerstab mitarbeiten. „André unterstützt mich schon jetzt in vielen Punkten“, sagt Kirchdörfer. „Aber ich würde ihn gerne noch stärker einbinden. Ich bin absolut davon überzeugt, dass er das kann und dass ihm das in seiner persönlichen Entwicklung hilft“, so Kirchdörfer.

Foto: DFB-Stiftung Sepp Herberger/Carsten Kobow

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