Engagement? „Nur FIFA spielen reicht nicht!“

In Gedenken an den früheren Vorsitzenden des Verbandsjugendausschusses zeichnet der FVM junge Ehrenamtler, die sich in besonderer Weise im Fußball engagieren, mit der Marko-Tillmann-Plakette aus. David Rech stellt den Sieger des Jahres 2018 vor: Kai Recht vom KSV Heimersdorf.

Engagement? „Nur FIFA spielen reicht nicht!“

Sonntag, 11 Uhr, Ascheplatz in Heimersdorf. In vier Stunden bestreiten die Senioren des ortsansässigen KSV hier ihr Kreisligaspiel. Die Anlage ist wie leergefegt, nur ein in die Jahre gekommener silberner Kombi zieht auf dem Platz einsam seine Runden. Hinter sich her schleppt er ein Netz, das den Platz von Laub befreit. Am Steuer sitzt ein junger Mann. Schwarze Haare, gestutzter dunkler Bart. Er trägt einen Trainingsanzug mit roter Jacke und schwarzer Hose. Auf der linken Brust prangt das Emblem des KSV Heimersdorf, auf der anderen Seite sind die Initialen des 20-Jährigen zu lesen: KR, die Abkürzung für Kai Recht. Nachdem der Platz gesäubert ist, parkt Kai das Auto und schlendert zu einem Wellblechverschlag und holt einen roten Markierwagen hervor. Er beginnt, die Linien auf dem Ascheplatz nachzuziehen. „An Spieltagen bin ich als Platzwart bis zu vier Stunden vor Anpfiff da, um alles herzurichten. Wenn mir unter der Woche spontan gemeldet wird, dass etwas erledigt werden muss, bin ich immer sofort am Platz“, berichtet Kai.

Er wirft einen letzten Blick auf sein Werk, verstaut die Geräte und begibt sich in das Vereinsheim. Sein Blick fällt auf die Stirnseite des Raumes, wo gerahmte Fotos hängen. Seine Augen wandern zu einem Mannschaftsfoto. Dort steht er selbst zwischen seinen Mitspielern. Es handelt sich um ein Bild aus der letzten Saison – Kais erstem Jahr bei den Senioren – die für den Verein mit einer Niederlage im Aufstiegsspiel und für Kai mit einem persönlichen Tiefpunkt endete. Der gelernte Verteidiger erlitt eine schwere Knieverletzung, musste lange pausieren. „Ich konnte kein Fußball spielen, aber die Verletzung war auch ein Knackpunkt. Ich wollte nicht mit dem Fußball aufhören, sondern mich weiter engagieren. Nur zuhause FIFA spielen reicht nicht. Ich war schon Co-Trainer der U19 und hatte daran viel Spaß, was ein kleiner Anreiz war, noch mehr zu tun.“ 

Kai studiert die Bilderwand. Hier soll zwischen den Erinnerungsstücken des Vereins auch die Urkunde Platz finden, die Kai gemeinsam mit der Marko-Tillmann-Plakette vom Fußball-Verband Mittelrhein (FVM) für sein Engagement verliehen bekommen hat. Übergeben hat ihm die Auszeichnung Dominik Jolk, der zu dem Zeitpunkt Vertreter der jungen Generation im FVM-Präsidium war. „Bei Kai haben uns das junge Alter und seine Vielzahl an Tätigkeiten überzeugt. Kai verkörpert soziales Engagement“, begründet Jolk die Entscheidung. Dass Kai überhaupt für die Auszeichnung vorgeschlagen wurde, hat er dem KSV-Vorsitzenden Andreas Kredelbach zu verdanken. „Ich habe mich gefragt: Was kann ich unseren Ehrenamtlern Gutes tun? Sie sind immer schuld, wenn etwas nicht läuft, aber werden zu selten genannt, wenn etwas gut klappt. Mit 20 Jahren so viel Engagement zu zeigen ist beachtlich und ich dachte, er hat eine Ehrung verdient“, verrät Kredelbach.

Inzwischen sind es noch 90 Minuten bis zum Anpfiff und Kai verabschiedet sich in die Kabine, um sein Team vorzubereiten. Er ist nämlich nicht nur Platzwart und Trainer der U19, sondern coacht auch die Bambinis und ist Spielertrainer bei den Senioren. „Das ist eine Herkulesaufgabe. Wenn du selbst auf dem Platz stehst kannst du kaum auf jede einzelne Person und Position achten und dabei noch auf die eigene Leistung schauen. Aber es ist eine coole Erfahrung und die Jungs und ich sind zufrieden mit der Zusammenarbeit“, berichtet Kai. Um seine Kompetenzen auszubauen, will Kai den Qualifizierungsgutschein, den er zusätzlich zur Marko-Tillmann-Plakette erhalten hat, für seine Trainerausbildung nutzen. „Mein Ziel ist es, irgendwann höherklassig und nicht mehr im Amateurbereich zu trainieren“, erzählt Kai.

Mittlerweile füllt sich die Anlage. Zuschauer kommen Kai entgegen, begrüßen ihn und machen Späße, es gibt Handschläge und Umarmungen. „Kai kommt bei allen im Verein super an. Er ist sehr zuverlässig, freundlich und offen“, sagt Kredelbach. Dann wird gespielt.

Nach Abpfiff räumt Kai den Müll weg, den die Zuschauer hinterlassen haben. „Was mich antreibt ist das sehr gute Feedback, das ich von allen Seiten bekomme und der Spaß, den ich hier habe. Wir sind wie eine kleine Familie zusammengewachsen. Ich hänge sehr an diesem Verein und die Wertschätzung, die ich erfahre, ist enorm“, erklärt er erschöpft, aber glücklich. Schließlich schaut Kai, dass alle Türen abgeschlossen sind. „Ich hoffe, dass ich später jemanden finde, der die Aufgaben mit genauso viel Herzblut weiterführt, wie ich es tue“, sagt er und verlässt um 19 Uhr wie schon nach dem gestrigen Spiel seiner Bambinis als Letzter den Sportplatz.

Genauere Infos zur Marko-Tillmann-Plakette sowie eine Übersicht aller bisherigen Preisträger finden Sie hier.

Nach oben scrollen