Ein voller Erfolg: Jahrestagung der Inklusionsbeauftragten

Inklusion: Eine Herzensangelegenheit. Hans Willy Zolper, Inklusionsbeauftragter des FVM, berichtet von der Jahrestagung aller Inklusionsbeauftragten, die viele gute Argumente für die Fortführung der Initiativen hervorbrachte.

 

Ein voller Erfolg: Jahrestagung der Inklusionsbeauftragten

Die Agenda
In der Sportschule Edenkoben trafen sich im März die Inklusionsbeauftragten (IB) der Fußball-Landesverbände zum jährlichen Gedankenaustausch. Tobias Wrzesinski, Nico Kempf und Norbert Wetzelaer hatten für die gastgebende Sepp-Herberger-Stiftung ein abwechslungsreiches Programm für die Tagung zusammengestellt. Vom Profifußball bis zur ländlichen Kreisliga vermittelten Referenten umfangreiche Einblicke in ihre Tätigkeit für und mit behinderten Menschen. Nach gut fünfjähriger Dauer der DFB/SHS-Inklusionsinitiative wurde bilanziert, kritisch hinterfragt, wurden in Arbeitsgruppen Leitfäden entwickelt, mit großer Aufmerksamkeit die Berichte aus den Landesverbänden mit gelungenen Verbands- und Vereinsprojekten verfolgt, wurde lebhaft über die Zukunft der Inklusionsinitiative debattiert sowie nächste Maßnahmen und Ziele festgelegt.

Das Ambiente
Der Wohlfühlfaktor der Sportschule des Südwestdeutschen Fußballverbandes erleichterte das umfangreiche Tagespensum. Seit Anfang der fünfziger Jahre haben viele National- und Auswahlspieler, haben viele Spitzensportler ihren Schliff in Edenkoben erhalten. Aber auch Vereine aus der Pfalz, aus Rhein-Hessen und von der Nahe gastieren hier, ebenso wie viele Wanderfreunde. Ja, die Sportschulen der Fußball-Landesverbände von der Küste bis zu den Alpen sind unverändert attraktiv. Das beginnt mit ihren idyllischen Lagen und endet mit einer perfekten Pflege der Sportstätten und Seminarräume. Unabdingbar ist ein ständiges Investment in die Infrastruktur, d.h. in die Zimmer, in die Restauration, in die Sporthallen, in die Hallenbäder und die Tagungstechnik. Die Landesverbände stemmen diese Last seit Jahrzehnten, sie bedürfen allerdings der Unterstützung des Bundes und der Länder sowie des DFB. Das am Rande, zurück zur Inklusion und zum Handicap-Fußball.

Qualifizierung
Noch sind in Sachen Inklusion Einzelveranstaltungen und Einzellösungen der Landesverbände in der Überzahl. Die Zusammenkünfte dienen eher dem Gedankenaustausch und der Netzwerkbildung als einer systematischen Aus- und Fortbildung. Das wird sich – vielleicht schon im Verlaufe dieses Jahres – ändern. Am Vortage der Jahrestagung waren Lehrkräfte und Experten diverser Organisationen nach Edenkoben gebeten worden, um zu einer Bündelung der Lehrinhalte und zur zielgruppenorientierten Ausrichtung beizutragen. Die DFBAbteilung Qualifizierung wird gemeinsam mit der Sepp-Herberger-Stiftung die Materialien sichten, um diese perspektivisch in das kompakte DFB-Schulungssystem zu integrieren. Zukünftig könnten alle Landesverbände auf die Lern-Module zurückgreifen und die Qualität ihrer Lehrveranstaltungen dadurch deutlich steigern. So ist z.B. angedacht, spezielle Trainingsdetails in die Übungsleiterausund -fortbildung zu integrieren, aber auch komplette Trainingsabläufe in einem Kompaktseminar für Vereins-, Werkstatt- und Förderschultrainer anzubieten.

AG Spielbetrieb
AG-Leiter Norbert Wetzelaer stellte die Entwicklungen des Spielbetriebs in den Landesverbänden vor. Resultat: sehr erfreulich! Der WDFV verfügt nunmehr in seinen Landesverbänden in NRW über einen flächendeckenden Spielbetrieb in Liga- bzw. Turnierform, nachdem der FVM seit 2018 durch seinen Jugendausschuss die „Liga inklusiv“ – von Tabalingo in 2017 als Pilotprojekt gestartet – übernommen hat. Zudem ist der Spielbetrieb des BRSNW mit über 100 teilnehmenden Mannschaften in den Regionen Westfalen, Ruhrgebiet und Rheinland der umfangreichste in Deutschland. Nicht auszudenken, wie umfangreich der Spielbetrieb in NRW wäre, wenn alle Spielformate gebündelt würden.

AG Strukturen
AG-Leiterin Kristina Höhn stellte die Untersuchung der Inklusionsstrukturen in Verbänden, Kreisen und Vereinen vor. Einige Landesverbände verteilen inzwischen die Aufgabenvielfalt auf mehrere Schultern durch Gründung von AGs, Kommissionen etc. Dies scheint der beständigste Weg zu sein, da Personalwechsel in einigen Verbänden für Stillstand und Neubeginn gesorgt haben. Zweckmäßig erscheint die Berufung von Experten anderer Organisationen in ein solches Verbandsgremium (Behindertensportverband, Werkstätten, Lebenshilfe, Caritas, Inklusionsbeauftragte der Kommunen etc.), unter der Federführung eines Vizepräsidenten und IB der Landesverbände.

AG Öffentlichkeitsarbeit/Innovation
Für AG-Leiter Sebastian Ratzsch stellte der Autor dieser Zeilen den bereits von beiden verfassten und verschriftlichten „Leitfaden zur Einbindung der Themen Inklusion und Behindertenfußball in die Öffentlichkeitsarbeit der Landesverbände“ vor. Der Leitfaden ist untergliedert in Internet, Kommunikation über soziale Netzwerke, Printmedien, regionale Medien und DFB-Medien. Er enthält konkrete Handlungsempfehlungen zum raschen Auffinden der Veröffentlichungen zum Handicap-Fußball in den Internet-Auftritten, zur Nutzung der sozialen Netzwerke, zur regelmäßigen Berichterstattung in den eigenen Journalen, zum Aufbau von Beziehungen zu Redaktionen sowie zur Aufbereitung von Texten und Bildern für die DFB-Medien. Der Leitfaden wird allen IB mit dem Protokoll zur Verfügung gestellt.

Umfrage DFB-Stiftung/Handicap-Börse
Seit zwei Jahren können die Vereine Eintragungen zum Handicap-Fußball im DFBnet-Meldebogen vornehmen. Es kann angegeben werden, welche Trainings- und Spielangebote existieren und wer Ansprechpartner im Verein ist. Die gesammelten Daten werden „live“ in die bestehende Handicap- Börse auf der Homepage des DFB übernommen (www.dfb.de/vielfaltanti-diskriminierung/handicap- fussball/start). Die Integration des Handicap- Fußballs in diesen Vereinsmeldebogen bietet eine große Chance für die deutschlandweite Abbildung, Vernetzung und Förderung. Leider nehmen Vereine diese Möglichkeit noch zu wenig wahr. Die Mission wird verstärkt fortgesetzt. Aus dem FVM fehlen zum Beispiel die beachtlichen Angebote von Lindenthal-Hohenlind, Menden, VfB 08 Aachen, Dremmen, Zündorf, Brück, Königsdorf, Wiesdorf, Bergrath – um nur einige zu nennen.

Zukunft der Inklusionsinitiative
Die Zwischenbilanz seit dem Start des DFB-Projektes im Herbst 2012 ist überaus erfreulich. In fast allen Landesverbänden ist ein Trainings- und Spielbetrieb durch die Vereine aufgebaut bzw. intensiviert worden. Der Liga-Spielbetrieb findet aus Transport- und Betreuungsgründen fast durchweg in Turnierform statt. Vier bis acht Turniere werden in der Regel pro Jahr ausgetragen. In den Landesverbänden, in denen der Spielbetrieb bereits flächendeckend stattfindet, werden die Rufe nach Auswahlteams lauter. Häufig findet in dieser Hinsicht eine Kooperation mit dem jeweiligen Behindertensportverband statt. Das Modellprojekt der Gold-Kraemer-Stiftung in Frechen mit einem Fußball-Leistungszentrum für ca. 20 junge Fußballtalente mit geistiger Beeinträchtigung wird allgemein gelobt und als besonders nachahmenswert eingestuft, zumal die jungen Spieler umfangreich in Sachen sozialer Kompetenz sowie in Sachen beruflicher Fähigkeiten und Perspektiven geschult werden. Die Qualifizierung von Trainern und Betreuern steckt noch in den Kinderschuhen, sollte aber in den nächsten Jahren einen Aufschwung erfahren. Auch die zum Teil noch vorhandenen Berührungsängste in den Vereinsvorständen sollen durch Sonderschulungen und Vereinsbesuche abgebaut werden. Der Fußballfreunde-Cup soll in den Regionalverbänden, getragen durch die Landesverbände, zur Regel werden, die Anzahl der Inklusionsmannschaften im Regelspielbetrieb gesteigert (im FVM bisher: TuS Königsdorf II, BV Wiesdorf II), die Landesmeisterschaften der Werkstätten und Förderschulen durch die Landesverbände mitgestaltet werden. Die ersten Kurzstrecken sind zurückgelegt, nun folgt die Ausdehnung auf die Mittelstrecke! Es wäre nicht gerade klug, die bisherigen Investitionen in Personen und Strukturen im Sande verrieseln zu lassen. Die Inklusion muss Sache des DFB und seiner Landesverbände bleiben – einschließlich einer finanziellen Förderung, die eher erweitert als eingeschränkt gehört!

Um das Fortsetzungsersuchen noch einmal zu untermauern:

  •  Die „Mission“ der Inklusionsbeauftragten der Landesverbände sollte zumindest noch ein Jahrzehnt gefördert werden, ehe die Teilhabe behinderter Menschen am Fußballsport und am Vereinsleben selbstverständlich wird.
  • Die Vereinsangebote werden durch aktives Werben der Landesverbände vervielfacht, die Aus- und Fortbildung und die PR-Arbeit durch Einsatz zeitgemäßer Medien intensiviert.
  • Info-Tage im Rhythmus von bis zu zwei Jahren in den Sportschulen bzw. an den Verbandsstandorten mit Finalspieltag der inklusiven Ligen und der Präsentation von Landes- und Bundesauswahlen sollen zu Höhepunkten des inklusiven Sports werden.
  • Der inklusive Ligaspielbetrieb wird stabilisiert und erweitert.
  • Die Themen „Inklusion“ und „Handicap-Fußball“ werden in die Serie der Vereinsdialoge („Der Verband zu Gast bei den Vereinen“) aufgenommen und an runden Tischen vertieft.

Es gibt noch viel zu tun! Packen wir’s an, wir schaffen das!

Text: Hans Willy Zolper

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